25.9.2023

SmartQuart: Wasserstoff in Kaisersesch mit LOHC transportier- und speicherbar machen

Lesezeit: 3 Minuten

In diesem Blogartikel stellen wir Ihnen einen der Projektpartner*innen aus dem Quartier Kaisersesch näher vor: Mit LOHC (Liquid Organic Hydrogen Carriers, zu Deutsch: flüssige organische Wasserstoffträger) macht die HYDROGENIOUS LOHC TECHNOLOGIES GmbH Wasserstoff über längere Strecken transportier- und speicherbar.

Das Wasserstoffquartier Kaisersesch

In Kaisersesch zeigen die Projektpartner*innen, wie ein Quartier mithilfe von Wasserstofftechnologien die Sektoren Mobilität, Strom und Wärme miteinander koppeln kann. Dabei werden auch Industrieunternehmen vor Ort eingebunden und mit grünem Wasserstoff versorgt. Hier geht es darum, unter realen Bedingungen Erfahrungen mit der Wasserstoffversorgung zu sammeln.

Die Verbandsgemeinde Kaisersesch liegt in Rheinland-Pfalz und ist geprägt durch eine gemischte kleinstädtische Struktur aus Wohngebieten, Industrie, Gewerbe und kommunalen Gebäuden. Hier wird ein Wasserstoff-Microgrid aufgebaut, das Teile der Verbandsgemeinde versorgen soll. Das Wasserstoffnetz soll die gesamte Wertschöpfungskette von der Erzeugung, Umwandlung, Speicherung und Verteilung in Kaisersesch erproben.

Mit Strom aus erneuerbaren Energien wird in einer Power-to-Gas-Anlage – auch Elektrolyseur genannt – grüner Wasserstoff produziert und in das lokale Wasserstoffnetz eingespeist. Ein Teil davon wird in einem sogenannten LOHC-Wasserstoffspeicher (Liquid Organic Hydrogen Carrier) sicher zwischengespeichert, so dass er bei Bedarf an andere Standorte transportiert werden kann. Bei dieser Speichertechnologie wird der Wasserstoff mithilfe einer organischen Substanz chemisch gebunden. Der so gespeicherte Wasserstoff ist nicht flüchtig und eine Selbstentladung kann nicht stattfinden. Das macht die Speicherung und den Transport des Gases sehr sicher.

Liquid Organic Hydrogen Carriers (LOHC)

LOHC können Wasserstoff chemisch an sich binden (Hydrierung) und bei Bedarf wieder freisetzen (Dehydrierung). In der LOHC-Technologie steckt großes Potenzial, jedoch wird sie bisher nur stationär eingesetzt.

Die LOHC-BT-Technologie in Kaisersesch

Die Speicherung und der Transport mittels flüssiger, organischer Wasserstoffträger (LOHC) stellt hier eine effiziente und sichere Alternative dar. Das spezifische LOHC-Verfahren von Hydrogenious LOHC Technologies, das in Kaisersesch beispielhaft demonstriert wird, basiert auf dem Thermalöl Benzyltoluol (LOHC-BT). Es ermöglicht die sichere und kosteneffiziente Speicherung und den Transport des Wasserstoffs mit der bereits vorhandenen Infrastruktur für flüssige Kraftstoffe.

In der StorageBOX im Wasserstoffquartier Kaisersesch wird ca. 1 kg H2 pro Stunde in LOHC eingespeichert. Der unterirdische Tank für dieses hydrierte LOHC BT-H hat rund 20 m³. An 20 m³ LOHC können 1.100 kg H2 gebunden werden. Bei maximalem Tankfüllstand wird also ca. 1.100 kg H2 gebunden und an 20 m³ LOHC gespeichert sein.

Das hydrierte LOHC BT-H soll nach derzeitiger Planung nach Erlangen zu einer von H2 Mobility betriebenen Wasserstofftankstelle transportiert werden. Hintergrund ist, dass es in der Region aktuell noch keinen Wasserstoffverbraucher mit einer LOHC-Ausspeicheranlage für diese kleinere Wasserstoffmenge gibt, während an der Wasserstofftankstelle in Erlangen seit 2022 eine genau auf diese LOHC-Menge zugeschnittene ReleaseBOX (Ausspeicheranlage) von Hydrogenious in Betrieb ist. So kann der in Kaisersesch erzeugte und in LOHC gespeicherte Wasserstoff direkt dem Mobilitätssektor zur Verfügung gestellt werden.

Eine Wasserstoff-Transportkette auf LOHC-Basis sieht grundsätzlich folgendermaßen aus: Der Wasserstoff wird in einer so genannten Hydrieranlage in einem chemischen, katalytischen Prozess in das LOHC-BT eingespeichert. Dabei wird Energie in Form von Wärme frei, die für weitere Anwendungen (z.B. Wärmenetze) genutzt werden kann.

© Hydrogenious LOHC Technologies

Das beladene LOHC-BT mit den darin sicher und verlustfrei „verpackten“ Wasserstoffgasmolekülen wird an seinen Bestimmungsort transportiert. Hierbei wird die bestehende Infrastruktur für flüssige Brennstoffe genutzt, also zum Beispiel im Fall von Kaisersesch Tanklaster, aber auch ein Transport mittels Tankzügen, Binnenschiffen oder Öltankern ist möglich. 

Bei den Abnehmern wird der Wasserstoff in einer so genannten Dehydrieranlage unter Wärmezufuhr mittels eines Katalysators aus dem LOHC-BT freigesetzt und steht dann in hoher Reinheit zur Verfügung. Das LOHC-BT wird durch diesen Prozess nicht verbraucht, sondern kann nach der Freisetzung des Wasserstoffs hunderte Male neu mit Wasserstoff be- und entladen werden und ist recyclebar (Pfandflaschen-Prinzip).

Die Vorteile von Benzyltoluol als LOHC

Der LOHC-Tankwagen des Herstellers Kurt Willig verfügt über ein Mehrkammersystem und kann so gleichzeitig mit Wasserstoff beladenes wie entladenes LOHC-BT transportieren | © Hydrogenious LOHC Technologies

Benzyltoluol

Benzyltoluol hat als Wasserstoffträger eine Reihe besonders positiver Eigenschaften, die das LOHC-BT für die Handhabung in städtischen Umgebungen wie Kaisersesch besonders interessant machen:

LOHC-BT ist schwer entzündlich (Flammpunkt bei 130 Grad Celsius), lässt sich unter Umgebungsdruck und -temperaturen handhaben und hat ein vergleichbares Gefährdungspotenzial wie Diesel. Es kann mit konventioneller Flüssigbrennstoff-Infrastruktur gelagert und transportiert werden. Dabei kommt es auch bei längerer Lagerung nicht zu Wasserstoff-Verlusten (z.B. Boil-Off).

Die (volumetrische) Energiedichte ist vorteilhaft, da ein Transportbehälter im Vergleich zu komprimiertem Wasserstoff etwa fünf Mal mehr Energie speichern kann. In LOHC-BT kann der Wasserstoff platzsparend auch in dicht besiedelten Gebieten unterirdisch gespeichert werden. Und: Benzyltoluol ist als Thermalöl in der Industrie seit Jahrzehnten als Wärmeträger verbreitet. Die Marktverfügbarkeit des Materials ist entsprechend gewährleistet.