12.10.2020

Die 1,6 Erden des Menschen

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Es ist der 29.07.2019 – in den Nachrichten sorgt eine Meldung für Aufsehen: Bereits Ende Juli hat die Menschheit so viele ihrer Ressourcen verbraucht, wie die Erde in einem ganzen Jahr produzieren kann. Dieser Tag wird als „Earth Overshoot Day“ bezeichnet. Im Jahr 2020 war dieser Tag am 22. August. Diese „Verspätung“ ist jedoch ausschließlich Covid-19 zu verdanken, da die Pandemie, den Menschen an der Auslebung seines normalen Ressourcenverbrauches hinderte.

Bildlich gesprochen nutzt der Mensch seine Ressourcen, als hätte er ganze 1,6 Erden zur Verfügung. Die Folgen sind erheblich. Dieses Verhalten fördert den Klimawandel, das Schrumpfen der Wälder und führt weltweit zu Artensterben. Diese Entwicklung kann jedoch aufgehalten werden – der „Earth Overshoot Day“ würde sich beispielsweise bei einer Halbierung des CO2-Ausstoßes um ganze 89 Tage auf dem Kalender nach hinten verschieben.

Die Förderung von Rohstoffen sowie deren Weiterverarbeitung zu Produkten benötigen teils große Mengen fossiler Energiemengen und belasten somit das Klima. Hierdurch wird deutlich, dass der Ressourcenschutz eng mit der Reduzierung von Treibhausgasemissionen einhergeht. Der Appell des Umweltbundesamtes: Es bedarf einer Wende! Das Amt weist in seiner Studie „Der Weg zu einem treibhausgasneutralen Deutschland ressourcenschonend gestalten“ darauf hin, dass der Klimawandel und seine Folgen eine der größten globalen Herausforderungen unserer Zeit sein werden.

2015 bekannte sich Deutschland im Übereinkommen von Paris dazu, seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahre 2050 um 80 – 95 Prozent herunterzufahren. Hier sind jedoch alle Industriestaaten gefragt, denn nur gemeinsam ist es machbar, die globale Erwärmung auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen. Allerdings wachsen die Herausforderungen. Parallel zum Wohlstandsniveau wächst die globale Bevölkerung bis 2050 auf knapp neun Milliarden Menschen an. Um die Nachfrage nach Rohstoffen, wie beispielsweise Lithium oder Kupfer, weiterhin zu decken, bräuchte es drei Erden.

Es wird deutlich: Die Klimaziele Deutschlands sind damit verbunden, dass die globalen Ressourcen bewusster genutzt werden. Ein ambitioniertes Ziel, das jedoch erreichbar ist. Im so genannten „GreenEe“-Szenario („Germany – ressource efficient and greenhouse gas neutral – Energy effiency”) des Umweltbundesamtes wird der bewusste Umgang mit Ressourcen vorausgesetzt. Das Szenario ist eines von vielen, mit dem das Bundesamt verschiedene Möglichkeiten eines Deutschlands im Jahre 2050 durchspielt, eine nachhaltige Entwicklung kreiert und eine mögliche Zukunft entwirft. Die Klimaziele Deutschlands – unter anderem auch die Treibhausgasminderung von bis zu 95 Prozent – werden dadurch erreichbar, dass sich innerhalb des Szenarios eine Ressourcenwende vollzieht. Bisher, so die Studie, wurden durch die deutsche Industrie vor allem Produkte hergestellt. Dies wandelt sich jedoch im Rahmen des Szenarios, vielmehr werden es zunehmend Dienstleistungen und Bedürfnisse wie Mobilität, Wohnen oder Kommunikation sein, die angeboten oder erfüllt werden. Dies soll jedoch so ressourcenschonend wie möglich passieren.

Wenn das Szenario so eintritt, kann Deutschland in eine treibhausgasneutrale sowie ressourcenschonende Zukunft geführt werden. Dies kann laut dem Umweltbundesamt dadurch gefördert werden, dass eine konsequente Forschung, Entwicklung und Verbreitung der Kenntnisse um die Ressourcenschonung geschieht. Zugleich sind der Ausbau sowie die Qualität der Umgestaltung der Energieversorgung maßgeblich.

Projekte wie „SmartQuart“ können ein Szenario wie es das Umweltbundesamt mit „GreenEe“ präsentiert, machbar werden lassen. Die Energieversorgung unserer smarten Quartiere basiert auf so genannten Smart Grids. Hierbei werden verschiedene Sektoren miteinander bereits auf kommunaler Ebene gekoppelt. So kann der in erneuerbaren Quellen produzierte Strom gespeichert oder in anderen Sektoren, z.B. zur Produktion von Wärme oder Wasserstoff, genutzt werden. Überschüssiger Strom kann zudem über Quartiersgrenzen hinweg anderen Quartieren zur Verfügung gestellt werden. Durch die ausschließliche Nutzung regenerativer Energien wird auf fossile Energieträger verzichtet, sodass im Sinne des vorgestellten Szenarios Treibhausgasemissionen reduziert werden. Im Quartier Bedburg entsteht darüber hinaus eine „Ressourcenschutzsiedlung“. Hier werden lediglich nachhaltige Baumaterialien, die recycelt werden können, genutzt. Das Projekt „SmartQuart“ treibt nicht bloß die Energiewende voran, es kann auch als Beispiel für andere Projekte dienen. Impulse dieser Art können die deutschen Klimaziele erreichbar machen. Zudem werden deutlich weniger Rohstoffe verbraucht. So ist vielleicht möglich, dass der „Earth Overshoot Day“ im Jahre 2050 erst wieder auf den 19. Dezember fällt. So wie das letzte Mal vor 33 Jahren 1987.