27.9.2021

Vier Wände für die Energiewende

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Kaisersesch in Rheinland-Pfalz. Genau hier entsteht eines von drei intelligenten Quartieren im Projekt SmartQuart. In der Verbandsgemeinde sollen erste Erfahrungen mit Wasserstoff als Energieträger unter realen Bedingungen gesammelt werden. Eine anspruchsvolle Thematik, die sich am besten über Information und Dialog vermitteln lässt.

Um den Bürger*innen und Gästen die Ziele und Technologien von SmartQuart anschaulich und verständlich zu vermitteln, wird ein eigenes Besucherzentrum entstehen. Dieses soll allerdings mehr sein als eine bloße Informationsstelle. Mit seiner Architektur und Bauweise soll es zeigen, wie sich die Gemeinde in die Energiewende und damit auch in Projekte wie SmartQuart einbringt. Bei der Planung des Besucherzentrums gab es nun Unterstützung von Studierenden der RWTH Aachen: Sie haben das Projekt für eine Zeit in den Mittelpunkt ihres Masterstudiums „Architektur“ gestellt und entwickelten unterschiedliche Entwürfe und Ideen für die bauliche Realisierung des Besucherzentrums in Kaisersesch – dem „Haus der Energiewende“.

Die Aufgabenstellung bearbeiteten die Studierenden im Rahmen einer Entwurfsarbeit des iPE (Lehr- und Forschungsgebiet für Immobilienprojektentwicklung). Eine wichtige Anforderung: Es soll eine ressourcenschonende sowie nachhaltige Bauweise konzipiert werden. 500 Quadratmeter waren als Größenordnung vorgegeben, inhaltlich war die Ausgestaltung relativ frei.

Eva, Erich und Fernando sind drei der Studierenden, die an der Arbeit teilgenommen haben. Sie alle kannten das Projekt SmartQuart zu Beginn noch nicht. Nur Eva kannte die Verbandsgemeinde Kaisersesch. Sie ist in der Nähe aufgewachsen, hat sogar Freunde, die vor Ort wohnen. Um die Aufgabenstellung Realität werden zu lassen, erarbeiteten sie ganz unterschiedliche „Prototypen“. „Für den Entwurf für das ‚Haus der Energiewende‘ habe ich früh auf gegebene Umweltdaten gesetzt“, so Erich. „Ich habe ein eigenes Skript genutzt, mit welchem ich genaue Sonnenstunden im Jahr, Windgeschwindigkeiten vor Ort und topologische Höhen ermitteln und analysieren konnte.“ Diese analytische Herangehensweise verhalf ihm dazu, eine Hausfassade zu entwickeln, die sich ganz flexibel mit verschiedenen Modulen bestücken lässt. Sollte sich der Energiebedarf im Laufe der Zeit durch weitere Nutzungsmöglichkeiten erhöhen, können weitere Solarpaneele ergänzt werden. So kann eine verbesserte Umwelt- bzw. Energiebilanz möglich werden.

Fernando entschied sich für eine nahezu runde Gebäudeform, wobei es ihm auch wichtig war, den Bezug zur Energiewende greifbar zu machen: „Um das Thema zu verbildlichen, sieht der Entwurf eine Fassade vor, die mit Solarpaneelen bestückt ist. Diese Paneele können sich je nach Sonnenstand ausrichten und tragen zur Energieversorgung des Gebäudes bei. Bei überschüssiger Energieerzeugung kann diese in das Stromnetz der Verbandsgemeinde eingespeist werden.“

Foto: iPE, RWTH Aachen

Um die Multifunktionalität des Gebäudes im Entwurf umzusetzen, entschied sich Eva für eine campusähnliche Struktur. „Ich habe mich dabei stark am Stadtbild von Kaisersesch orientiert. Nach einer Analyse der Verbandsgemeinde bemerkte ich, dass der Ort von vielen Plätzen und Höfen geprägt ist.“ Die Studentin entschied sich dazu, diese „Orte der Gemeinschaft“ auch in ihren Entwurf einzuarbeiten. „Es war mir wichtig, dass es zwischen dem Gebäude und Kaisersesch eine klare Verbindung gibt. Das Modell selbst bestand dann aus verschiedenen würfelförmigen Einheiten mit unterschiedlichen Funktionen und Größen, die miteinander verbunden werden.“ Auch Eva entschied sich für den Einsatz von Photovoltaik-Anlagen. „Mein Entwurf des Gebäudes sieht ein großes Dach mit vielen Solaranlagen vor. Diese Anlagen könnten das Gebäude mit Ausnahme von zwei Wintermonaten völlig autark mit Energie versorgen.“

Bei der Arbeit wird es auch auf eine ressourcenschonende Bauweise ankommen. So entschied sich beispielsweise Erich dafür, lediglich wiederverwendbare Materialien zu verwenden. „Für das ‚Haus der Energiewende‘ setzte ich auf regionale und nachhaltige Baustoffe. Mit der vertikalen Fassadenbegrünung wollte ich einen experimentellen Beitrag fürs Klima leisten“, so der Student. Eva setzte ebenfalls auf nachhaltige Materialien, die wiederholt eingesetzt werden können. „Die Materialien, die ich verwendet habe, haben alle ein großes Kreislaufpotenzial und fördern somit den Ressourcenschutz.“

Die Entwürfe zum „Haus der Energiewende“ wurden im August Vertreter*innen der Verbandsgemeinde – unter anderem auch Bürgermeister Albert Jung – vorgestellt. Am Ende gibt es nicht den einen Favoriten. Vielmehr bietet jeder Entwurf sehr interessante und innovative Ideen. Und das Beste: sie alle erfüllten die Aufgabenstellung. Sobald die Finanzierung steht, geht es in die konkrete Planung und bei dieser werden die Entwürfe der Studierenden miteinbezogen.

Auch die Studierenden haben über die Aufgabenstellung viel Neues gelernt und unterstreichen die Bedeutung des Projektes und des neuen Besucherzentrums. „Ich denke, dass Projekte wie SmartQuart die Energiewende tatsächlich vorantreiben können, gerade dann, wenn man erste Begegnungen mit der Thematik hat. So kann einem der Besuch des Zentrums oder des Wasserstoff-Autos in Kaisersesch dabei helfen, die Technologie besser zu begreifen“, so Eva. Innerhalb der vier Wände des „Hauses der Energiewende“ kann ein Verständnis für die genutzten Technologien und nachhaltigen Innovationen gefördert werden. Denn Verständnis und Akzeptanz sind die wichtigsten Schlüssel zum Gelingen der Energiewende.    

SmartQuart bedankt sich sehr bei den Studierenden der RWTH Aachen für die Teilnahme an der Projektarbeit sowie zusätzlich für die Bereitschaft und die damit einhergehende Mühe Kommentare zu den ausgearbeiteten Entwürfen sowie dem Gesamtprojekt zur Verfügung zu stellen.