21.12.2020

H₂ – Kraftstoff für den Klimaschutz und die regionale Entwicklung

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Deutschland hat sich beim Klimaschutz große Ziele gesteckt. Mit dem Klimaschutzprogramm 2030 und dem neuen Klimaschutzgesetz soll der Ausstoß an Treibhausgasen bis 2030 um 55 Prozent gesenkt werden. Das Land hat bereits ordentlich in den Ausbau der erneuerbaren Energien investiert: 2019 kamen rund 43 Prozent des Stroms aus regenerativen Energien wie Wind und Sonne. Doch einige Bereiche aus Industrie und Mobilität lassen sich entweder gar nicht oder oft nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand elektrifizieren. Hier kann Wasserstoff als Energiespeicher zur Problemlösung beitragen.

Nicht selten schließen die Konzepte aber den ländlichen Raum nur unzureichend mit ein. Besonders in den kleineren Städten und auf dem Land sind noch viele Möglichkeiten offen, um die Zukunftsfähigkeit zu sichern. Die Konsequenz der noch fehlenden Modernisierung ist „Landflucht“ und damit weiter steigende Einwohnerzahlen in den urbanen Räumen. Doch das kann nicht das Ziel sein. Die Lösung ist, auch den ländlichen Raum zu modernisieren. Aus ihm sozusagen eine Smart Countryside zu machen, da sich hier insbesondere große wirtschaftliche Chancen ergeben. Durch die erneuerbaren Energien kann hier nicht nur Strom für den Eigenbedarf hergestellt werden, die Metropolen werden zudem auf ihrem Weg zur Klimaneutralität unterstützt.

Wie sowas funktioniert, lässt sich bald im rheinland-pfälzischen Kaisersesch beobachten. Die Stadt nahe der Mosel, Verwaltungssitz der gleichnamigen Verbandsgemeinde mit gut 15.000 Einwohnern, hat nicht nur eine lange Geschichte hinter sich, sondern auch eine bewegte Vergangenheit. Die Römer waren schon hier, seit dem Mittelalter gilt das Stadtrecht und Napoleon hat ebenfalls seine Spuren hinterlassen. Heute wird Kaisersesch vor allem als touristisches Ziel geschätzt. Darüber hinaus hat sich die Stadt bereits in den letzten Jahrzehnten als innovativer Standort bewährt: Der Bau eines Technologie- und Start-Up-Zentrums sowie die Gründung des landesweiten Wasserstoff- und Brennstoffzellennetzwerkes sind hier wichtige Meilensteine. Auch ist Kaisersesch seit 2013 Modellkommune E-Gouvernement Initiative der Bundesregierung, die Stadtverwaltung läuft zunehmend digitaler ab. Und bald gehört es nicht nur zu den Pionieren in Sachen Digitalisierung, sondern auch im Bereich der Wasserstofftechnik. Denn Kaisersesch ist Teil des Projekts SmartQuart.

In Kaisersesch setzt SmartQuart auf ein Wasserstoff-Microgrid für den gewerblichen Sektor. Wasserstoff bietet so gut wie kaum ein anderes Medium die Chance, Ökostrom zu speichern und die Energie zu einem späteren Zeitpunkt abzurufen. Dies ist wichtig, um klimafreundlichen Strom auch bei Starkwind oder an langen Sonnentagen abzunehmen, wenn gerade nicht so viel verbraucht wird. Einer der Vorteile von molekularem Wasserstoff (H2) ist überdies sein breiter Anwendungsbereich: Der Energieträger kann in der Industrie, im Mobilitätssektor und Wärmemarkt sowie bei der Stromerzeugung genutzt werden. In Kaisersesch kann H2 sein großes Potenzial in das tägliche Leben einbringen. Außerdem ermöglicht der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur die vollständige H2-Wertschöpfungskette, von der Erzeugung, Umwandlung und Speicherung bis zur Verteilung und Nutzung.

In Kaisersesch geht es darum, erste Erfahrungen mit der Wasserstoffversorgung unter realen Bedingungen und deren Endanwendungen zu sammeln.

Erzeugt werden soll das klimafreundliche Gas regenerativ, mit Hilfe von Wind- und Sonnenenergie. Die Energie dazu liefern beispielsweise Windkraft- und PV-Anlagen in der Nähe. So bleibt die Wertschöpfung in der Region. Neben der Versorgung der Gewerbebetriebe ist auch die Umrüstung eines Blockheizkraftwerks (BHKW) von Erdgas- auf Wasserstoffbetrieb geplant. Und auch eine ÖPNV-Buslinie soll in Zukunft klimaschonend mit Wasserstoff betrieben werden. Die Anwendung vor Ort macht klar, Wasserstoff ist ein echtes Allround-Talent. Nicht von ungefähr wird er häufig auch als Schlüsselelement der Energiewende bezeichnet.

Zudem zeigt Kaisersesch, dass mit Technologien, die im SmartQuart Projekt genutzt werden, die Energiewende in Deutschland vorangetrieben wird. Quartiere wie in Kaisersesch können zuversichtlich stimmen: Der längst überfällige Anschluss des ländlichen Raums an eine klimaschonende und moderne Energieversorgung in Deutschland ist machbar.